SOLO EXHIBITION GALLERY MATHIAS GUENTNER HAMBURG
THIS IS NOT WHAT ADORNO WAS TRYING TO SAY
2018
Admiralitätsstraße 71
20459 Hamburg
Germany
Eglė Otto spielt in ihren Malereien mit der Grenze des für Betrachter*innen Erträglichen. Sie erforscht gesellschaftlich akzeptierte Sehgewohnheiten, reizt sie aus, bis es weh tut - und bricht sie, häufig mit einer Prise Humor. Erleichterung weicht dem Unbehagen, wenn man das erkennt. Sie hat sich schon früh, während ihres Studiums an der HFBK Hamburg, in einem männerdominierten Umfeld, mit den Klischees weiblicher Malerei auseinandergesetzt und spielerisch in Frage gestellt.
In einer ihrer Textmalereien mit dem Titel “Du sollst nicht arschkriechen”, in der sie bspw. eigene Gesetze formuliert oder an anderer Stelle Vorbilder benennt - einer langen Liste von Malern setzt sie eine Liste von Malerinnen gegenüber, die erschreckender Weise nicht nur wesentlich kürzer ist, ihre Protagonistinnen waren zudem lange unbekannt und werden erst in jüngster Zeit entdeckt - oder andere kluge Köpfe zitiert, findet sich folgender Gedanke: „Der amerikanische Feminismus der 1970er Jahre feierte den weiblichen Körper und beschäftigte sich mit der Darstellung ,weiblicher Bildwelten', um ihn aus der Konstruktion als passives Objekt männlichen Begehrens zu lösen." Eglė Otto führt diese Auseinandersetzung weiter, eignet sich Themen an, die bis heute als verpönt gelten. Damit erobert sie sich und dem weiblichen Teil der Bevölkerung ein Stück Freiheit zurück.
Es ist ein positiver, progressiver Ansatz. Er ist mutig, geht neue Wege und bejaht, statt in einem postmodernen Dagegen zu verharren. In der aktuellen Serie werden die Malerei und unser Verständnis von Geschlechterrollen, unser Frauen - wie auch unser Männerbild anhand von Körperdarstellungen und Liebesszenen befragt. Lila, Violett, Blau und verschiedene andere Inkarnatstöne dominieren die Bilder. Phallusse in Lila und Violett; das wirkt auf den ersten Blick ein bisschen befremdlich auf mich
- nicht gender-konform - kann aber doch, besonders im erigierten Zustand, durchaus zutreffend sein. In den abstrakten Darstellungen sind weibliche wie männliche Rundungen zu entdecken - sind da drei Brüste? ein Hintern? oder sind das Hoden? - und Hände, die sie umfassen, Penisse, halb erigiert, entblößte Rücken, ein eng umschlungenes Liebesspiel. Mal feurig, mal zärtlich und sanft oder bereits erschlafft. Immer selbstbewusst, etwas surreal, irritierend, uneindeutig. Die Malereien von Eglė Otto stellen uns auf die Probe, sie hinterfragen unsere Rollenbilder, führen uns an unsere eigenen Tabus und darüber hinaus. Wenn wir das aushalten, haben wir die Chance, daran zu wachsen.
Text zur Ausstellung: Isabelle Meiffert